gulftransitkaffeemafia 2Zweites Leben: Hier ist einer mit schicker Gulf-Lackierung als mobile Kaffee-Bar im Einsatz.
Foto: Oldtimerreporter.Haehnel


1965, irgendwo in Deutschland. Die Wirtschaft boomt, die Eigenheime schießen wie Pilze aus dem Boden, ebenso der Familiennachwuchs. Betriebsgründungen gehören zum guten Ton unter den Handwerkern, Technikern und Gemüseverkäufern des Landes. Auch Erwin möchte dabei sein, wenn es ums Gründen geht. Jahrelang hat er nun für seinen Chef die Fernseher, Küchengeräte und Waschmaschinen der Umgegend installiert, jetzt soll das Geld dafür zur Gänze in die eigene Tasche gehen. Die Räumlichkeiten sind vorhanden, gleich beim Bau des Eigenheims eingeplant. Nun soll noch ein passender Transporter her, das ist eine knifflige Entscheidung.


Wozu so ein Ford Transit alles gut ist: Hier ein "Aufgeschnittener" als Touristentaxi abseits des öffentlichen Verkehrs in einem Safari-Park.
Foto: Jan Pesula


Erwin sammelt Prospekte: Opel, VW, Fiat, Peugeot, Renault, DKW, es kommt manches zusammen bei seiner Suche. Er studiert den DKW-Prospekt. Nettes Ding, dieser F1000, Frontmotor – aber einen klöternden Zweitakter? Nein, da wird seine Kundschaft die Nase rümpfen. Fiat, Peugeot, Renault? Diese ausländischen Dinger, sind die denn zuverlässig? Da ist sich Erwin nicht sicher. VW? Nicht verkehrt, aber dieser Motor im Heck, der nimmt doch nur Platz weg für die Waschmaschinen. Und diese Ladekante! Ford Transit? Ja, das sieht gut aus. V-Motor vorne, hinten viel Platz für Grundig + Co, und zuverlässig sollen sie ja auch sein, hört man. Schwiegervater Herbert schwärmt jedenfalls von seinem 12m P4. Also, gesehen und gekauft! Aber halt, welche der unzähligen Varianten soll es denn sein? Kasten normal? Kasten lang? Kombi mit sechs Sitzen, auch für die Familie geeignet? Oder gar doch einen Bus?


Nochmal "Safari": Die meisten haben als Camper oder als Einsatzfahrzeug überlebt. Siehe unten!
Foto: Oldtimerreporter.Müller


Erwin schwirrt der Kopf. Eine HB-Zigarette später entscheidet er sich: Kasten normal, blau-grauer Lack, 1,2 Liter –V4, 45 PS. Das muss genügen. Beschlossen, gekauft, vier Wochen später abholbereit. Da steht er nun, der Transit mit seiner kurzen Haube und dem Laderaum einer Einzimmerwohnung. Prächtig! Der Motor gurgelt sein kurioses Lied, die erste Fahrt steht an. Hm ja, die Lenkkräfte sind so groß wie das Lenkrad, aber das wird schon. Tempo 60, 70, 80, der V4 atmet schwer. Ein Hügel dämpft das rasante Tempo. Wieso hat die Straße so viele Schlaglöcher heute, denkt Erwin. Vielleicht weil das Rundum-Blattfeder-Fahrwerk sie liebend gerne sucht? Alles ist vergessen, als die erste Beladung ansteht. Der riesige Laderaum verschluckt die Bauknecht-Waschmaschinen geradezu gierig. War da was? So kann das Geschäft gedeihen – und es gedeiht. Der Transit bekommt weitere Transit-Kollegen, der 1.2-V4 kämpft noch lange mit Bauknecht, Hügeln und der Tachoskala. Erwin ist so transit-glücklich, dass er sich ein Transit-Dormobile für die Urlaubsreise gönnt. Aber das ist eine andere Geschichte. Es lebe das V!
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Ehemaliger Krankentransporter als Promo-Auto.
Foto: Oldtimerreporter.Haehnel