Hundertfünfzig im Sechszylinder oder zweihundert PS im Achtender waren in dieser Karosse erhältlich. Fotos: Oldtimerreporter.Eichbaum
Nutzfahrzeughersteller Kaeble ist zuvorderst für seine kräftigen Zugmaschinen bekannt, gern gefolgt von einem Eisenbahnwaggon auf einem Culemeyer-Straßenroller. Weit weniger geläufig sind die Lastkraftwagen für den Güterfernverkehr wie dieser K 631 L.
So wie sich David einst gegen Goliath behauptete, bot in der Nachkriegszeit Kaelble den größeren Mitbewerbern im Kampf um den Berliner Markt die Stirn – mit Mut und einer guten Idee. Aufgrund der Interzonen-Lage im Allgemeinen und der noch nicht lang zurückliegenden Berlin-Blockade im Besonderen betrachteten Mercedes, Borgward und Co. es als inakzeptables Risiko, Lkw auf Wechseln zu veräußern; bei einer roten Invasion wäre das nicht abgezahlte Fahrzeug ein finanzieller Beinahe-Totalausfall. Hierin sah Martin Franke, Vertreter für Kaelble und Kässbohrer seine Chance, allein Henschel lieferte sonst noch auf Kredit. Die Rechnung ging auf, vergleichsweise viele schwäbische Schwerstlastwagen kamen an die Spree.
Nahezu im Neuzustand. Matthias ist zurecht stolz auf seinen K 631 L.
„Mein Exemplar etwa wurde am 29. Oktober 1953 von der Spedition Weiss angeschafft, 1958 übernahm es die Reinickendorfer Spedition Weber“, erzählt der jetzige Eigner Matthias. „Dann ging der K 631 L zum Kranunternehmen Sutter, wo er als Abschlepper mit einem entsprechenden Aufbau versehen wurde, um sich später bei Huck nach seiner Abmeldung 1979 die 12.00-22er Reifen platt zu stehen. Dort erwarb ich den Kaelble 2005 und machte mich daran erst einmal daran, den R6-Diesel wieder fit zu bekommen.“
Zugmaschinen-Spezi Kaelble aus Backnang widmete sich ob des hohen Bedarfs gleich nach dem Krieg den schweren Straßenlastwagen. Besonderer Bekanntheit erfreuten sich der zunächst 150 PS starke Typ K 631 L von 1950 und sein kräftigerer Bruder K 832 L, der als Achtzylinder 200 PS mobilisierte.
Mindestens 150 PS brachte der Sechsender auf die Straße. Mit dem später verbauten Typ GO 130s läuft das Auto von Matthias 75 km/h Spitze.
Die robusten, langsam laufenden Fahrzeuge punkteten mit strammem Durchzug und gehörten der Nutzlastklasse über acht Tonnen an, womit sich K 631/K 832 für den Fernverkehr empfahlen. Selten ist der leer neun Tonnen schwere K 631 L dennoch: Kaelble, so schildert Matthias, kam auf einen schlanken Ausstoß von rund 500 Lkw pro Jahr. Das und die Einhaltung der Seebohmschen Gesetze erwiesen sich offenbar als unrentabel, sodass das Lastwagenproduktion 1963 eingestellt und sich fortan auf Zug- und Baumaschinen konzentriert wurde.
Klimanlage antik: Mit dieser Technik kann man die Windschutzscheibe hochklappen. Wer es kennt, weiß dass diese Lösung gar nicht so schlecht ist.
Matthias‘ mit 180 PS sehr gesunder Selbstzünder vom Typ GO 130s, der später im 680 serienmäßig verbaut wurde, war nach dreijähriger Überarbeitung wieder gut für 75 km/h Spitze und seine erste lange Reise ins sauerländische Freudenberg zum Nfz-Restaurator Theo Eichenauer. Der sorgte nicht nur für ein neues Fahrerhaus-Gerüst aus Esche samt korrekter Ausstattung in Holz und Kroko-Imitat, sondern auch für dessen Beplankung und Lackierung. Darüber hinaus wurde die ebenfalls von Kässbohrer stammende Wechselbrücke auf Vordermann gebracht, das Chassis bis auf die letzte Schraube auseinandergenommen, sandgestrahlt und lackiert. Krönender Abschluss der Arbeiten war das Aufbringen des Emblems der elterlichen Spedition Kick, die in Kerpen und Berlin ansässig ist. „Mein Interesse an meinen beiden Kaelble bestand darin, dass die Historie von Martin Franke, dem Vertreter von Kaeble und Kässbohrer für Berlin, erhalten bleibt.“ Dass Matthias dieses Andenken gelungen ist, steht außer Frage.