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15 am LeuchtturmKais T2, das Meer, die Dünen und die Leuchtturmruine Tour El-Nadhour bei Skhira. Fotos: Oldtimerreporter.Fröhlich


Es begab sich, dass der Schreiber dieses Beitrags auf Youtube immer mehr Reiseberichte vorfand von Rastlosen, die nach Marokko, Mauretanien und weiterfuhren. Teils sogar ohne ein High-Tec Reisemobil oder einen jahrzehntelang erprobten Landy, sondern mit einem ganz „normalen“ Camper-oder mit einem Oldie à la Düsseldorfer oder alter Transit. Derart angefixt wurde nach Wegen gesucht, so etwas im Rahmen eines ganz normalen Arbeitnehmerurlaubs umsetzten zu können. Die Spanien-Marokko-Variante war damit eines schnellen Todes gestorben. Algerien ist derzeit nur schwer zu bereisen, Ägypten ebenso, über Libyen müssen wir nicht reden… Doch siehe da: es gibt da noch ein Land, per Fähre gut erreichbar, politisch „einigermaßen“ stabil und doch „echt“ Nordafrika: Tunesien! Nach Jahren des Zögerns, von Corona, von privaten Umständen hieß es: jetzt Nägel mit Köpfen. 2024 soll es sein! Vom 1. bis 27. Mai.

Der Abreisetag rückte näher, die Fähre war gebucht, neue Reisepässe beantragt und dann war er da: der erste Tag im Wonnemonat, der 1. Mai. Treffpunkt für die meisten war ein Campingplatz in Genua. Abfahrt der Fähre war 15 Uhr, check-in ab 10 bis spätestens 14 Uhr. Also vorher ein letzter Einkauf europäischer Waren sowie Proviant für die Überfahrt.
Nach stundenlangem Warten in der inzwischen knallenden Sonne kam irgendwann Bewegung in den Fahrzeugpulk am Fährterminal, doch obwohl das Parkareal gerade halbvoll war, dauerte es noch eine halbe Ewigkeit, bis alle Fahrzeuge im Schiffsbauch verstaut waren.

1 Fähre


Trotz Nähe keine Dellen: die Überfahrt mit der Fähre aus Genua gestaltete sich ruhig - die See war wie glattgebügelt.


Die Überfahrt gestaltete sich ruhig, die See war wie glattgebügelt. Als wir an Sardinien vorbeifuhren, gab es kurzzeitig Handyempfang. Nach einem etwas chaotischen „Off-boarding“ begann das „Projekt Einreise“: Erste Kontrolle: Pass und Fahrzeugpapiere. Dann durch den Scanner fahren. Dann in die „Abzockerhalle“: Helfer bieten Unterstützung beim Ausfüllen eines Formulars an sowie bei der Abwicklung. Lohnt sich nicht, allerdings sind sie dann beleidigt. Aber 10-30 Dinar dafür zu verlangen ist auch ein wenig frech. Man schafft es auch alleine. Noch schnell Geld gewechselt-und dann ist man in Tunesien!
Die Anfahrt zum ersten Nachtplatz, am deutschen Soldatenfriedhof und etwas außerhalb der Metropole, geht bequem über breite Ausfallstraßen. Unterwegs befüllen wir die Bullis mit dem schönen, günstigen tunesischen Sprit (0,76 €), direkt neben der Tanke befindet sich auch ein Telefonladen, dort gibt es 25 GB Internet für rund 10 €. Allerdings funktionieren manche Karten nicht sofort, aber der Shopbetreiber ist sehr hilfsbereit, auch wenn er mit unserer Truppe insgesamt mehrere Stunden beschäftigt ist. Am nächsten Morgen noch ein Schnelleinkauf, den Soldatenfriedhof fix besichtigt, eine Spende für den Friedhof dagelassen und los ging die Reise.Erster Zwischenstopp war Udna/Uthina, eine Ausgrabungsstätte mit edlem Empfangsgebäude (und Toiletten!), etwas weitläufig, alles in der prallen Sonne aber durch den starken Wind erträglich. Man durfte fast überall ran oder rein, manches schien neu erbaut um die historische Optik abzubilden.
Danach ging es weiter zum Wassertempel Zaghouan. Der war deutlich übersichtlicher, beeindruckend aber, dass von dort die Wasserversorgung von Kathargo (60 km entfernt) gesichert wurde. Die ausgewählte „Straße“ zum Sidi-Madyin-See stellte sich als eine doch recht fordernde, felsige Piste heraus, die wir zum Glück bergab befuhren, so waren lediglich extreme Schräglagen zu meistern. Die nächste historische Stätte, Ksar Lemsa, gleichzeitig Nachtplatz, war schnell gefunden, da direkt an der Straße. Kaum hatten wir den Platz eingenommen, wurden wir von einer Horde unendlich neugieriger Kinder belagert. Ich schreibe das so, nicht, weil ich keinen Kontakt zur lokalen Bevölkerung mag, sondern weil die Kinder einfach nicht wieder weggingen. Wir wollten nicht unbedingt auf dem Präsentierteller unser Abendbrot einnehmen, und sobald eine Schiebetür aufging, bildete sich dort eine Traube. Leider kam später die Polizei, die zwar die Kinder verscheucht hat, uns allerdings -wenn auch freundlich- auch weggeschickt hat. Da half auch ein Anruf beim Vorgesetzten nichts. Wir also wieder alles zusammengepackt und geprüft, wo wir denn nun auf die Schnelle hinkönnen.
Google spuckte ein ominöses „Eco-Camp“ aus, an einem kleinen Stausee, und damit in einer Senke. Wir wollten -als Gruppe mit neun Fahrzeugen- jetzt nicht noch mehr auffallen. Im Halbdunkel haben wir den Ort erreicht-von „Camp“ keine Spur (am Morgen habe ich die Reste dann doch entdeckt). Am Morgen kam ein älterer Herr (offensichtlich der Eigentümer der Ländereien), hat uns sehr freundlich begrüßt und ist dann wieder weggefahren. Am Folgetag fuhren wir wunderbar durch den Dschebel Serj Nationalpark nach Sbeitla. Dort erwartete uns ein Hotelparkplatz mit WC und Duschbenutzung-und eisgekühltem Bier. Am Abend ging dann noch ein amtliches Unwetter nieder – und in der Lobby lief Saint Germain gegen BVB.Tag zwei in Sbeitla war der Kultur und der Stadt gewidmet. Die Ausgrabungen der römischen Stadt Sufetula lagen freundlicherweise direkt neben dem Hotel, waren aber trotzdem so weitläufig, dass man reichlich Zeit dort verbringen konnte. Optional folgte ein Stadt- oder Einkaufsbummel, bevor wir es uns wieder in der Lobby gemütlich machten, diesmal bei Bayern gegen Real Madrid (bei Bedarf).
Wir wollten die „gefährliche Stadt“ Kasserine weit umfahren, aber dennoch landschaftlich schön abseits der mit dem Lineal gezogenen Fernstraßen gen Süden ziehen. Das klappte soweit auch ganz gut, bis der erste Sanitärstopp anstand. Ruck-zuck stand ein Pick-Up der Garde Nationale vor uns, der uns erklärte, es sei (auch hier) viel zu gefährlich, und sie würden uns auf die Hauptstraße eskortieren. Dabei kamen wir zwar noch viel näher an die „große, böse Stadt“, aber egal. Bis zur Grenze ihres Zuständigkeitsbereichs wurden wir begleitet – doch wer denkt, wir hätten dann freie Fahrt: weit gefehlt. Schon am nächsten Checkpoint hieß es: wartet mal, in 10 Minuten kommt eure Eskorte. Mit Blaulicht – oder in dem Fall Rotblitzlicht ging es durch Dörfer bis in die Provinzhauptstadt Gafsa.

4 Richet el Naam


Übernachten in einer echten Oase: Richet el-Na’aam



Der Zielort des Tages – die Oase Richet el-Na’aam war schnell gefunden, die Vorhut (die Besatzung, die keine Lust auf kleine Querdurchstraßen hatte und Nationalstraße gefahren war…ganz ohne Probleme) hatte unser Kommen schon angekündigt, und so wurden wir an der Dorfstraße abgefangen, denn an dem Campingplatz-im-Aufbau wären wir glatt vorbeigefahren. Der Betreiber Aly hat uns total freundlich empfangen und traumhafte Plätze im Palmenhain angeboten. Wir hatten freie Wahl. Nach und nach trudelten die Truppenteile ein, die im benachbarten Metlawwi noch etwas erledigt hatten, abends bestand die Möglichkeit, am gemeinsamen Essen teilzunehmen, was die meisten auch taten. Ortstypisch ging das erst ab 21:30 los, vorher wurde ausgelassen Musik gemacht und gesungen. Dann folgten Salat, Vorsuppe, eine Art hauchdünnes, frittiertes Fladenbrot, zusammengeklappt und gefüllt mit Rührei oder so – extrem lecker. Als Hauptgericht gab es Hühnchen und Gemüse in einer Art Tajine. Zum Abschluss noch herrlichen Obstsalat.
Der nächste Tag begann wie im Paradies: stehend unter Palmen, die aufgehende Sonne, Vogelgezwitscher. Frühstücken. Heute war ein ruhiger Tag mit wenig Programm angedacht. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Theldscha-Schlucht. Durch diese führte eine Bahnlinie, die das nördlich gelegene Phosphat-Abbaugebiet erschließt. Kunstvoll geschwungen, durch Tunnel und über Brücken kann man sich entlang der Schienen die Schlucht erwandern.Am Folgetag stand „Rommelpiste Tag1“ auf dem Programm, da hier aber nur 60km Fahrstrecke anstanden, wuchs die Idee, noch einen Abstecher zur Changet Maala zu machen, eine extrem schmale Schlucht, durch die eine (reguläre!) Straße führt. Leider nur recht kurz, aber mega-beeindruckend. Nach einigen Fotostopps fuhren wir noch zu den Berberhöhlen bei Sned. Die Höhlen waren nur semi-spektakulär, und so ging es zurück über Gafsa und auf unsere Rommelpisten-Anfahrt.
Die führte uns quer durch ein Tagebaugebiet nördlich von Metlawwi und dann etwas ominös durch die Botanik, über Pisten, auf denen uns mit Kanistern beladene Pick-Ups begegneten, die abgeklebte oder gar keine Kennzeichen hatten (Spritschmuggel aus Algerien, wo Benzin weniger als die Hälfte kostet). Sodann ging es an den Einstieg der Pseudo-WW-II-Straße. Gut, dass wir von Nord nach Süd fuhren, denn am Einstieg waren einige böse Stufen zu überwinden, und dann bot sich ein Panorama ohnegleichen über die Ebene bis zu den Salzseen. Ein kleines Plateau wurde spontan zum Nachtplatz erkoren…
Die Nacht war ruhig und zumindest ansatzweise kühl. Die Fernsicht am nächsten Morgen, die aufgehende Sonne, die erst die Bergspitzen erleuchtete und dann in die Täler wanderte, die absolute Stille…für uns alle war es ein ganz besonderer Morgen.Das nächste Etappenziel war ganz im Westen des Landes: die Schlucht von Mides. Wir liefen ein Stück die Schlucht stromabwärts, dann hoch in das alte Dorf, zuvor hatten wir noch etwas im dazugehörigen Café getrunken.Als Nachtplatz war „irgendwas“ in Tamaghza angedacht, irgendwas mit durch ein Bachtal oder doch im Palmenhain. Unsere Unentschlossenheit ist im Ort natürlich sofort aufgefallen, und schon hatten wir einen Guide an der Backe, den wir auch nicht mehr losgeworden sind. Campingplatz, Wasserfall, er würde uns alles zeigen. Die Preisverhandlung gestaltete sich schwierig, wie das so ist, wenn sich mehrere aus einer Gruppe daran beteiligen. Irgendwann ist er dann mit uns losgezogen, erst über einen Pflasterweg durch den Palmenhain, dann im Bachbett das ganze wieder zurück.

8 vor der Filmkulisse Kingdom of Fire


Pappmaché in der Wüste: Das künstliche Tor diente einst als Filmkulisse in "Kingdom of Fire".


Die Tage war es immer wärmer geworden, und das just, als es für uns immer mehr Richtung Wüste ging. Zunächst stand die Kulisse des tunesischen Filmes „Kingdom of Fire“ an, ein riesiges Pappmaché-Tor mitten in der Wüste. Die Piste dorthin war etwas tricky, da es, wie beschrieben, einige Tage vorher geregnet hatte und der Boden noch etwas Feuchte hatte. Wo sich solche Stellen nicht umfahren ließen, hatten die Allradler, die die Touristen dorthin fahren, teils tiefe Spuren gezogen. So tief, dass unsere Bullis nur unter erheblichen Anstrengungen (Aufsetzen) und mit wenig Rücksicht auf Verluste hindurch zu fahren waren. An der Kulisse angekommen hieß es erst mal Wunden lecken und die Mittagshitze vorbeiziehen lassen. Beim Einen oder Anderen waren kleine Schäden entstanden, abgeknickte Kennzeichen waren die geringsten.Als im Laufe des Nachmittags die Schatten länger und die Temperaturen erträglicher wurden, kam wieder Leben in die Truppe. Abendessen wurde zubereitet, Aufstellung fürs Nachtlager eingenommen, als am Horizont erst mutmaßliche Regenwolken aufzogen, die sich dann aber lila-rosa einfärbten und hier und da vertikale schwarze Streifen hatten. Was da aufzog, kam direkt auf uns zu und wurde immer bedrohlicher und es wurde klar: ein ausgewachsener Sandsturm. Also alles reinräumen, Markisen und Dachzelt abbauen, Stühle und Tische verstauen und schon gings los: binnen Sekunden verdunkelte sich der Himmel, der Sand stiebte um die und zwischen den Bullis und trotz verschlossener Türen knirschte es bald zwischen den Zähnen. Nach einer guten Stunde war der Spuk vorbei, die Temperatur war von 38 auf immerhin 33 Grad gefallen, am nächsten Morgen waren es sogar nur noch „frostige“ 24.

9 der Sandsturm kommt


Volle Deckung! Der Sandsturm ist im Anmarsch!


Next Stop war Mos Espa, die Star-Wars-Filmlocation in Tunesien. Hier gaben sich die Touri-Gruppen die Klinke in die Hand, Händler und Bettler übersahen keinen einzigen Neuankömmling. Die Star-Wars-Fans unserer Gruppe ließen es sich nicht nehmen, die Kulisse zu besuchen, danach sind wir zu unserem Nachtplatz, dem Campingplatz von Tozeur, gefahren.
Duschen, Wäsche waschen, Vorräte auffüllen: zur Abwechslung gab’s mal wieder alle Möglichkeiten. Ansonsten war ein Fahrtag angesagt, Ziel: Douz, die Stadt am Rande der Sahara. Ein Großteil der Strecke bestand aus der Querung des Chott el-Dscherid.
In Douz war der berühmte Campinplatz „Club du Desert“ das Ziel, ein sauberer Platz mit ausreichend Sanitär, eiskalten Getränken aber leider gar keinem Schatten. Für den Folgetag stand am Vormittag der Tiermarkt an, der praktischerweise quasi neben dem Campingplatz stattfand. In dichtem Menschengedränge wurden dort Schafe, Ziegen, Hühner, Enten, Wachteln und vermutlich noch einiges mehr feilgeboten. Gegen 13 Uhr war der Spuk dann vorbei. Am späten Nachmittag sollte es dann in die Wüste gehen, um dort eine Nacht zu verbringen und am nächsten Morgen zu sehen, wie weit wir weiter im Sand kommen in unserem Experiment „Querung nach Ksar Ghilane“.Der erste, recht lange Abschnitt (37 km) bis zum Café La Porte du Desert war noch fein säuberlich geteert, dort erwischte uns erst mal ein Sandsturm, den wir ausgesessen haben, da die Sicht gen Null ging. Nächster Punkt war Café La Tente (10 km) über eine steinige Rumpelpiste. Der Betreiber lud uns zum Übernachten ein, was wir vorläufig ablehnten. Eigentlich wollten wir diesen Nachmittag bis zum Café Grand Erg kommen, um in der Früh des Folgetages die Morgenfeuchte des Sandes zu nutzen um die schwierigen Dünen Richtung Ksar Ghilane zu queren. Die Locals hatten uns gewarnt, es würde schwer werden, da die Touren bereits gestoppt waren und daher die Pisten nicht mehr ausgefahren sind. Es war -auch wegen des Sandsturmes- inzwischen reichlich spät geworden, und so haben wir unsere Nacht-in-der-Wüste kurzerhand etwas vorverlegt. Auf einer geeigneten Stelle, gar nicht weit von der Piste, nahmen wir Aufstellung. Die geplante lauschige Nacht fiel jedoch einem weiteren Sandsturm zum Opfer, dafür waren am nächsten Morgen alle früh wach.Nächstes Zwischenziel war das Café du Parc. Jetzt wurde es Ernst. Hier verließen wir die Hauptpiste (die kurzzeitig sogar noch asphaltiert gewesen war), jetzt galt es, den Spuren über und um die Dünen herum zu folgen. Die ersten Meter waren noch geschoben, und sogleich hatten sich zwei Sanddünen genau quer über die Piste gelegt. Feuertaufe. Und natürlich dauerte es nicht lange, bis der erste festhing.
Auf dem Campingplatz in Douz hatten wir den Manuel mit seinem Bremach sowie ein Pärchen mit 4×4-Sprinter kennengelernt. Beide suchten Begleitung für die Querung nach Ksar Ghilane. Auch wenn wir nur inadäquates Material in die Runde werfen konnten, schlossen sie sich uns an. Das kam uns jetzt zugute. Für den kleinen aber kräftigen Bremach waren die Bullis ein Klacks, zudem entwickelten wir langsam aber sicher eine gewissen Routine im Sandfahren. Die Piste war tatsächlich reichlich von Sandverwehungen geplagt, nicht alle ließen sich umfahren ohne allzu sehr vom Kurs abzukommen. Es gab mal mehr, mal weniger Dünen, dazwischen immer Schotterflächen. Die Wüste präsentierte sich übrigens auffallend grün, es hatte wohl auch hier mehrere Regenfälle gegeben…ein einzigartiges Bild!
Nach einem doch recht langen Ritt kam das erste Schild zum Café Le Grand Erg in Sicht, und endlich waren wir auch dort. Es war sogar jemand dort, und so konnten wir immerhin schon mitten in der Wüste Kaltgetränke zum für tunesische Verhältnisse extremen (aber für uns nicht außergewöhnlichen) Preis von gut 2 € /St. erwerben.
Und dann standen wir vor dem ersten der beiden Dünenfelder. Von den alten Spuren der Locals war so gut wie nichts mehr zu sehen. Wir scouteten in mehrere Richtungen, der Landy hat für sich einen Weg gefunden, der aber laut Aussage ohne Allrad und Untersetzung unmöglich wären. Bremach und Sprinter scouteten in andere Richtungen: überall übelste Sanddünen und -täler. Der Großteil der Truppe kam zu der Überzeugung, dass das für uns nicht zu schaffen ist, außer ein T2a: der wollte sich an den Landy ranhängen, hat das gemacht und es tatsächlich geschafft. Für den Bremach war das alles nur ein Kinderspiel, währenddessen der Sprinter auch mit uns den Rückzug antrat. Dezent abgekämpft kamen wir am späten Nachmittag wieder am Club du Desert an, genossen die Dusche dort, gingen zum Essen noch in die Stadt (es gab Kamel!) und fielen dann erschöpft in die Koje.
Wir verließen am Folgetag um 9 Uhr Douz und gerieten in ein hauptamtliches Unwetter mit Starkregen, um den Abstecher nach Ksar Ghilane, dem eigentlichen Endziel des Vortages zu machen.Dann galt es, den anderen Teil der Truppe einzuholen. Angesagt war ein Track nach Chenini, der schon ab der Oase mit Sandverwehungen herausforderte. Aber wir hatten am Vortag ja fleißig geübt und kamen so ohne 4×4-Assistenz (aber nicht ohne Einsanden) zur Hauptstraße zurück. Von dort ging es quer nach Osten, wieder auf Asphalt und bald schön in die Berge. Irgendwann kam wieder, wie angekündigt, Piste. Kurz vor Douiret entdeckten wir einen traumhaften Nachtplatz: im Berg gab es eine Höhlengalerie, die auch eine Freifläche bot. Dort wollten wir bleiben!
In Douiret haben wir uns ein (teil-)verlassenes Berber-Bergdorf angesehen, hier war die Saison sichtbar schon beendet, so hatten wir unsere Ruhe dort.Hauptort für diese Bergdörfer ist Chenini, dort wollten wir nur einen kurzen Fotostopp machen und wurden sofort von Führern, Bettlern etc. „überfallen“. Sodann galt es, Vorräte und Treibstoff zu fassen, hierfür bot sich Tataouine an, Star-Wars-Fans machten das obligatorische Foto am Ortsschild, danach ging es auf nach Ksar Hadada, einer alten Speicherstadt, die zu einem Hotel annex Touristenattraktion umgebaut wurde. Schön instandgesetzt, kühle Räume, teils mit Restaurant luden zum Verweilen ein, während draußen die Mittagssonne brutzelte.

12 Chenini


Fotostop in Chenini - und natürlich wieder ein "Überfall" von "Führern" und Bettlern...


Dann kam die Horror-Nachricht der Fährgesellschaft: die gebuchte Verbindung wurde gecancelt, sie können auf eine spätere Fähre umbuchen oder stornieren.
Da wir durch die Zwangsumbuchung auf eine andere Fähre etwas extra Zeit hatten, beschlossen wir, auch wegen der andauernden Hitzewelle, einen Zwischenstopp auf Djerba einzulegen. Kurz vor der Insel wurde ein Freisteherplatz neben einer seit langem verlassenen Hotelanlage angeboten. Direkt am Strand gelegen und tagsüber von lokalen Ausflüglern genutzt, später kamen Polizei und Nationalgarde, die uns überzeugen wollten, doch weiter im Ort zu nächtigen (aus „Sicherheitsgründen“), aber mit der Versicherung, wir würden nur eine Nacht bleiben und weil wir es hier echt schöner fanden, hat uns der wirklich freundliche Beamte gewähren lassen.
Auf Djerba peilten wir einen Stellplatz an der Westküste der Insel an, Park4night zeigte fünf Optionen. Die erste hat uns bereits gepasst, dort verbrachten wir eine sehr ruhige, wenn auch zeitweilig wiederum stürmische Nacht.
Am Folgetag haben wir die Fähre (die zweite Verbindung Djerbas mit dem Festland) genommen, eines jener in Europa ausgesonderten Boote, das aber mit stoischer Gelassenheit die Engstelle überquerte. Wieder auf dem Festland führte uns die Reise weiter nach Ksar el-Halouf, eine dieser Speicherburgen auf einem Berggipfel. Entsprechend steil war die Auffahrt, aber für unsere Bullis kein Problem. Oben gab es eine sehr rudimentäre Dusche nebst Toilette, man konnte auch ein Zimmer mieten, aber wir haben natürlich in unseren Bussen genächtigt. Die Anfahrt führte durch ein wunderschönes Wadi, dessen Talsohle sich Flussbett und Straße teilen mussten.Die nächste Nachtplatzsuche gestaltete sich zunächst schwierig, da beide angedachten Plätze derart vermüllt waren, dass ein Stehen dort nicht in Frage kam. Schließlich entdeckten wir auf der Karte eine Leuchtturmruine, die so abgeschieden lag, dass sich der Müll in Grenzen hielt und wir auf eine ruhige Nacht hoffen durften-und auch hatten.
Am nächsten Tag ging es nach El-Djem, dort steht das drittgrößte römische Amphitheater. Genau dort war auch unser Nachtplatz: auf dem Busparkplatz für die Touribusse. Nicht schön, aber praktisch gelegen: Theater und Altstadt fußläufig – was will man mehr? Tatsächlich war das Sightseeing in der Mittagshitze sinnvoll, denn das gigantische Bauwerk bot zahlreiche schattige Gänge und Höhlen.
Von El-Djem ging es nach Hammamet: Strand war mal wieder angesagt. Doch zuerst Altstadt und Fort von Hammamet. Leider war so viel Verkehr und so wenig Parkplatz dort, dass wir gleich wieder abgezogen sind. Neues Ziel war ein Park4night-Strandplatz, der letztendlich trotz stinkender Anfahrt durch eine Lagune, in der hunderte Flamingos standen, nicht enttäuschte. Wir konnten direkt auf dem Strand stehen und war so von der Straße aus nicht zu sehen (am Folgetag hatte sich unsere Anwesenheit jedoch trotzdem rumgesprochen, und so bekamen wir doch Besuch: erst von den Kindern, dann von den Frauen und Mädels).
Auf diesem Strand haben wir zwei Nächte verbracht, die durchaus Spannung brachten, kam doch die Flut teilweise über die Strandkuppe und floss in das etwas tiefer gelegene Dünenvorland, wo wir standen. Am Ende kamen doch alle problemlos raus, als wir am Folgetag die Kap-Bon-Halbinsel umrundeten wollten. Dies natürlich nicht, ohne dem namensgebenden Kap einen Besuch abzustatten. Hier gab es eine tolle Rundumsicht: aufs Meer und die vorgelagerten Inseln, auf die Halbinsel und auf die Küstenlinie. Tja und dann ging es unvermeidlich dem Ende entgegen. Als Nachtplatz stand der bewährte deutsche Soldatenfriedhof an. Hier fühlten wir uns schon fast wie zu Hause: alles war sauber, ordentlich (wenn auch noch nicht ganz europäisch), wir kannten uns aus.

18 Park4night Thuringen


Wieder daheim: Übernachtung auf einem Traumplatz in Thüringen.


Am Tag danach war Abreisetag: check-in ab 7 bis 12:30 Uhr, einige Reisende wollte so früh wie möglich am Schiff sein, andere sahen das entspannter und wollten ewiges Warten auf dem Hafengelände vermeiden.
Beim Zoll ist dann alles sehr entspannt: ein wenig interessierter Blick in den Innenraum, Schiebetür und Heckklappe auf. „Was ist da unten?“ „Das ist die Motorklappe.“ Kurze Verwirrung, aber nach Öffnung ist alles OK. Auf der Kade gibt es nochmal Kontrolle von Polizei und Zoll, aber danach geht es sofort auf die Fähre.
Die Überfahrt ist wiederum extrem geschmeidig, das Mittelmeer wie frisch gebügelt. Auf der Höhe von Sardinien und Korsika gibt es Mobilfunkempfang/Internet. In Genua geht das Abladen relativ flüssig, kann aber auch daran liegen, dass ich als einer der ersten von Bord fahren darf.
Die anderen brauchen etwas länger, doch irgendwann geht der Ritt über die Autobahn Genua-Mailand, mit aller Gewalt erreichen wir um 23 Uhr unseren Park4night-Platz in Österreich, und in Bayern verabschiedet sich dann noch mal eben mein Radlager vorne links. Dafür haben wir in der Folgenacht einen Traumplatz in Thüringen. Dort stehen wir anfangs alleine, dann kommt ein „Vanlifer“ vorsichtig herangefahren, nach einer halben Stunde fährt er wieder ab – womit wir den wohl verjagt haben? Hatten wir doch noch freundlich „guten Tag“ gesagt…