Der 1963 eingeführte neue Mercedes SL trug schwere Last: Der zunächst nur als 230 SL lieferbare Mercedes Sportwagen hatte sowohl den damals schon legendären 300 SL Roadster und Flügeltürer wie auch den kleineren 190 SL zu ersetzen, was er mit Bravour erledigte. Fotos: Arild Eichbaum
Die Mercedes Pagode stellte den ersten SL mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen dar. Da er auf der Bodengruppe der großen Heckflosse W 111 mit einem um 30 auf 240 cm verkürzten Radstand basierte, wies auch der SL eine steife Fahrgastzelle und Knautschzonen in Gestalt leicht verformbare Bug- und Heckpartien auf. Das Interieur kam wie bei der Limousine ohne scharfen Ecken und Kanten aus. Sicherheitsgurte gab es wie bereits beim Vorgänger gegen Aufpreis. Das Lenkgetriebe verlegte Mercedes-Benz aus dem unfallgefährdeten Vorderwagen an die Stirnwand. Die Lenksäule vom ob des konkav abfallenden Hardtops Pagode genannten 230 SL wurde geknickt und verfügt über Gelenke, um dem gefährlichen Lanzeneffekt bei einem Zusammenstoß zuvorzukommen.
Altmodische Vergaser sparte sich der Mercedes 230 SL
Der Reihensechser im SL W 113 stammt ebenso aus dem W 111. Der auf 2,3 Liter aufgebohrte M 127 mit paarweise gegossenen Zylindern bekam hier allerdings eine Sechsstempel-Einspritzpumpe anstelle der Zweistempel-Pumpe mit zwei Dreifachverteilern. Damit ließ sich Benzin durch die offenen Einlassventile in den Brennraum einspritzen und nicht mehr allein in das Ansaugrohr. Das sehr sportlich ausgelegte Triebwerk erforderte recht hohe Drehzahlen, der rote Bereich begann bei 6300 Touren. Seine Nennwerte von achtbaren 150 PS und 196 Nm Drehmoment erreichte der Mercedes 230 SL denn auch erst bei 5.500 respektive 4.200 Umdrehungen. Mit der Viergang-Handschaltung waren 200 km/h Spitze drin, alternativ hierzu gab es erstmalig in einem Mercedes SL eine Vierstufen-Automatik.
Die Pagode erforderte solide finanzielle Verhältnisse
Die Abgase entströmten beim Mercedes 230 SL selbstverständlich einem Doppel-Endrohr als Hinweis auf den Sechszylinder, soviel Abgrenzung zu den Vierzylinder-Sternen musste schon sein. Am Verbrauch von 10,2 l/100 km hatte keiner etwas auszusetzen, eher schon an der Anschaffung: Der Mercedes SL Preis für den bis Anfang 1967 gefertigten 230er startete im Debütjahr bei 21.700 DM. Damit spielte der 428 cm lange, 176 cm breite sowie offen 131 cm hohe Wagen in einer Liga mit dem Porsche 911 und brach gewiss auch dank seiner sehr nüchternen, aber nicht biederen Optik die Herzen von 19.831 Kunden. Kein Wunder, mag man da angesichts vorliegenden makellosen Mercedes Roadsters in elegantem Weiß 050 denken.